20 Jahre Offene Jazz Haus Schule
Dieses Buch ist eine »Festschrift« zum 20 jährigen Jubiläum. In Aufsätzen und Interviews enthält es auf 104 Seiten Wissenswertes zur Entwicklung und zur pädagogischen Arbeit der Offenen Jazz Haus Schule. Unter »Meinungen« äußern sich Personen des kulturellen Lebens zu Themen der musik- und kulturpädagogischen Arbeit.
Inhalt der Festschrift
Grusswort |
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5 | Respekt:Zwanzig Jahre Offene Jazz Haus Schule! Marie Hüllenkremer |
Das Projekt entwickeln |
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6 | Chronologie |
9 |
Nicht nur ein lokales Projekt |
13 | »Beebabelouubapp!! Zehn Jahre Offene Jazz Haus Schule.« Wolfgang Hippe Ein Interview mit Rainer Linke im Jahr 1990 |
21 | Endlich drin. Wolfgang Hippe Vom Jahr 10 zum Jahr 20 der Offenen Jazz Haus Schule. Ein Gespräch mit Rainer Linke |
Musik „unterrichten“ |
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Zum pädagogischen Konzept der OJHS |
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29 | Die Offene Jazz Haus Schule - Schule für improvisierte und populäre Musik und kulturpädagogische Facheinrichtung Rainer Linke |
37 | Improvisierte und populäre Musik mit Kindern. Marianne Steffen-Wittek Ein Modellprojekt der Offenen Jazz Haus Schule |
43 | »Projektissimo« Michael Brüning Neue Projektinitiativen der Offenen Jazz Haus Schule in Kooperation mit der LAG Musik NRW |
49 | »Ich kann das nicht!« Arlena Lambertz Mädchen und Popularmusik. Ein Gespräch mit Gika Schölkens |
54 | Selbsterfahrung durch Rap. Joachim Grande Ein Gespräch mit Duke T.und Ivo Suicide aus dem Jahr 1996 |
61 | Engagement,Ausdauer und Risiko Franz-Josef Schulte |
Meinungen |
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63 | Neue Wege gehen. Eva Krings Musikschulen als kulturpolitische Herausforderung |
67 | Qualität wiederentdecken. Reiner Michalke Musikvermittlung und Musikschulen |
71 | Von der Klangreportage zur Klangerinnerung Michael Rüsenberg |
74 | Jazz at the Musikhochschule Werner Lohmann |
76 | E-und U-Musik:Reizvolles Nebeneinander Michael Kobold |
77 | Kulturpädagogik im Angebot der außerschulischen und schulischen Kulturarbeit Uwe Schäfer-Remmele |
Musik machen … |
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80 | Die Dozenten der Offenen Jazz Haus Schule |
93 | Discographie (Auswahl) |
96 | Publikationen zur und von der Offenen Jazz Haus Schule (Auswahl) |
Zu guter Letzt … | |
99 | Die Eigelstein-Torburg Birgit Gerdes Notizen zu einem Aspekt der Kölner Stadtgeschichte |
Grußwort
Respekt: Zwanzig Jahre Offene Jazz Haus Schule
Die besondere Ausstrahlung der Musikstadt Köln war immer geprägt von Engagement einzelner Initiativen. Die Gründung der Offenen Jazz Haus Schule vor zwanzig Jahren ist Teil einer neueren Entwicklung der improvisierten Musik in Köln,die seit Ende der 70er Jahre zu neuen Ufern strebt.Sie signalisiert zusammen mit der Gründung der Initiative Kölner Jazz Haus und der Einrichtung des Jazz-Vollstudiums an der Kölner Musikhochschule die Aufbruchstimmung, die damals die junge Jazz-Szene erfüllte, aber auch das Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung einer Musik,die von vielen Menschen als »Schmuddelecke «im etablierten Kulturbetrieb angesehen wurde. Der soziale Aspekt im Sinne einer ständigen Auseinandersetzung miteinander war neben der Vermittlung von musikalischen Inhalten von Anfang an Programm der OHJS und zeigt hier deutlich den Unterschied zum herkömmlichen Unterricht an städtischen Musikschulen.
Der pädagogische Vorsatz,die Schüler aus der Musik ihrer Umgebung »abzuholen «,in der ihnen vertrauten Klangwelt mit dem Unterricht anzuknüpfen, zeigt die Praxisnähe und auch die ästhetisch offene Ausrichtung.Gemeinsam mit einer Dozentenschaft,die aus erstklassigen aktiven Musikern besteht,hat die OJHS ein bundesweit beachtetes Modell geschaffen,dem inzwischen Initiativen in etlichen Städten nacheifern.
Der Weg zu dem,was die OJHS heute darstellt,war nicht immer leicht und ist auch weiterhin ein Kraftakt,solange der pädagogische Betrieb sich nahezu selbst finanzieren muss.Ein wichtiger Markstein war sicherlich der Einzug in die mittelalterliche Torburg am Ebertplatz vor zehn Jahren,der mit langwierigen und bisweilen entmutigenden Verhandlungen mit der Stadt verbunden war. Mit finanzieller Hilfe des Landes konnten die Räume für den Unterricht und auch ein kleiner Saal für Konzerte in intimer Atmosphäre nutzbar gemacht werden.So hat die Reihe »Musik für Pänz «,die seit Jahren vom Kulturamt unterstützt wird und auch mit einigen Produktionen zur MusikTriennale eingeladen wurde,sich einen herausragenden Platz im Musikleben unserer Stadt erobert.Außerdem möchte ich die soziokulturellen Projekte besonders herausheben,in denen die Offene Jazz Haus Schule innovative Konzepte realisiert hat,so dass ihre Erfahrung inzwischen überregional nachgefragt wird.
Der Initiative Offene Jazz Haus Schule gilt meine tiefe Bewunderung und ich wünsche dem Team um Rainer Linke in jeder Hinsicht die Anerkennung,die dieses Werk verdient.
Marie Hüllenkremer (Kulturdezernentin der Stadt Köln)
Nicht nur ein lokales Projekt
Zur überregionalen Bedeutung der Offenen Jazz Haus Schule
»Die deutsche Jazz-Hauptstadt liegt nach wie vor am Rhein: **Köln hat sich durch die dort von Musikern gegründete Jazzhaus-Initiative zur Metropole des neuen deutschen Jazz entwickelt.«
Georg Spindler in »Mannheimer Morgen« 28./29. 9.91
»Die experimentierfreudigste Jazz-Szene Deutschlands befindet sich in Köln. Dort gibt es die Musikhochschule und die JazzHaus-Schule und vielleicht mehr gute junge Jazzmusiker auf einem Fleck als irgendwo sonst außerhalb Amerikas.«
Hans-Jürgen Schaal in »Jazz-Zeitung«, München 5/91
»Das Modell Offene Jazz Haus Schule, Kinder und Jugendliche mit der musikalischen Bandbreite des Jazz anzusprechen, originelle Formen und Konzepte in die Musikpraxis einzubringen sowie über das Musizieren zur Kreativität, Persönlichkeitsentfaltung und musikalischen Erlebnisfähigkeit beizutragen, übernahm in der jazzmusikalischen Praxis wie in der Jugendkulturarbeit Vorbildfunktion.«
Jugendkulturbericht NRW 1994
Die Offene Jazz Haus Schule ist aus der alternativen Bewegung der 70er Jahre hervorgegangen und heute eine der größten und renommiertesten freien Schulen für improvisierte und populäre Musik in Deutschland. Sie holt mit ihrem multikulturellen Freizeit- und Bildungsangebot Kinder, Jugendliche und Erwachsene bei ihren musikalischen Vorlieben und Interessen ab. Die Förderung der Gesamtpersönlichkeit der Teilnehmer, das Musizieren in Gruppen sowie die Integration sozial Benachteiligter charakterisieren ihre Arbeit und Zielsetzung.
Am Anfang stand die Initiative Kölner Jazz Haus, ein Kreis junger Musiker, die sich über ihre Musik hinaus auch gesellschaftlich engagierten. Heute können sie selbstbewusst von sich behaupten, zur überregionalen Bedeutung der Kölner Musikszene maßgeblich beigetragen zu haben. Rückblickend lässt sich feststellen, dass hier neben Professionalität, Idealismus und dem vielzitierten »langen Atem« die Bandbreite und Vielschichtigkeit ihrer Aktivitäten wesentlich für den Erfolg waren. Zu dem Spektrum gehörten neben der übergeordneten kulturpolitischen Arbeit die Präsentation von Musik z.B. im Konzertsaal des Stadtgarten, die Produktion von Musik auf dem eigenen Label »Jazz Haus Musik« und nicht zuletzt die pädagogische Vermittlung von Musik in der Offenen Jazz Haus Schule.
Alle drei Bereiche sind zwar eng miteinander verbunden, wurden aber von Beginn an organisatorisch und wirtschaftlich unabhängig voneinander geführt. Inhaltlich stützen sie sich gegenseitig und wirken befruchtend aufeinander. Die überregionale Bedeutung der Offenen Jazz Haus Schule – soweit man sie in diesem Zusammenhang aus dem Gesamtkontext isolieren kann – begründet sich in ihren Impulsen in musikpädagogischen Defizitbereichen, in ihrer modellhaften pädagogischen Arbeit und in ihrem auch überregionalen Engagement.
Der Mensch ist untrennbar mit Musik verbunden. Für die jeweils heranwachsende Generation ist Musik das wichtigste Medium kultureller und gesellschaftlicher Kommunikation. Vor diesem Hintergrund fällt der Musik eine zentrale Stellung unter den kulturpädagogischen Medien zu. Sie gehört daher in alle Schulen, Jugendzentren und Bürgerhäuser sowie in das gesamte öffentliche Leben.
Die Bands und Musiker transportieren über ihre Songs Lebensgefühle, Werte und Einstellungen und erreichen die Jugendlichen in tiefen emotionalen Schichten mit nachhaltiger Wirkung. Zusätzlich ist die Bedeutung der Popularmusik im Verhältnis zur traditionellen europäischen Musik in den vergangenen Jahrzehnten ständig gewachsen.
Popularmusik wurde in Deutschland noch Anfang der 80er Jahre weitgehend außerhalb der etablierten musikpädagogischen Institutionen tradiert. Mitte der 70er Jahre begannen sich Musiker wie Norbert Stein, Gerhard Veeck, Rainer Linke, Joachim Ullrich für die Einrichtung eines Studienganges für Jazz und Popularmusik an der Kölner Musikhochschule einzusetzen. Sie waren zu diesem Zeitpunkt selbst noch Studenten der Hochschule und gehörten dann 1978 zu den Mitgliedern der Initiative Kölner Jazz Haus. Ihr Engagement trug mit zur Etablierung des Studienganges im Jahr 1981 bei – damals dem ersten seiner Art in Deutschland überhaupt. Die Kölner Musikhochschule setzte sich damit an die Spitze einer Entwicklung, der heute fast alle Musikhochschulen in Deutschland gefolgt sind.
Auf den offensichtlichen Mangel an Freizeit- und Bildungsangeboten im Bereich der Popularmusik in Köln reagierten Musiker aus dem Kreis der Initiative Kölner Jazz Haus 1980 mit der Gründung der Offene Jazz Haus Schule. Auch damit übernahm Köln Vorreiterfunktion. Nach ihrem Vorbild entstanden in den folgenden Jahren zahlreiche freie Schulen für Popularmusik in ganz Deutschland.
Seit den 80er Jahren wurde die Offene Jazz Haus Schule zu bundesweiten musikpädagogischen Tagungen und Weiterbildungsmaßnahmen eingeladen, etwa nach Hamburg, Hannover, Kassel, Stuttgart, Saarbrücken und Remscheid. In den 90er Jahren erregen vor allem die soziokulturellen Projekte der Offenen Jazz Haus Schule überregionale Aufmerksamkeit. Die Vergabe des SWF-Jazz Preises an die Initiative Kölner Jazz Haus, die Würdigung der Arbeit der Offenen Jazz Haus Schule im »Jugendkulturbericht des Landes NRW« oder ihre Auszeichnung mit dem »Jugendkulturpreis NRW« sind weitere Beispiele für ihr steigendes überregionales Renomée. Nicht zuletzt sind auch in Köln Erfolge zu verzeichnen – wenn auch nach langen Anlaufzeiten. Als Eckpunkte sind hier die Sanierung und der Ausbau der Eigelstein-Torburg sowie die Anerkennung als kulturpädagogische Facheinrichtung hervorzuheben.
Die Offenen Jazz Haus Schule wäre ohne das Engagement und die Arbeit vieler Menschen nicht zu dem geworden, was sie heute ist. Alle an dieser Entwicklung Beteiligten verdienen Respekt und Anerkennung.
In Zukunft gilt es, die erreichten Standards, was Breite und Qualität des breitgefächerten Angebots betrifft, weiterzuentwickeln. Dabei ist auch das Engagement von Stadt und Politik gefragt. Es ist eine der wichtigen kulturpolitischen Aufgaben der nächsten Jahre, gemeinsam mit den betroffenen Einrichtungen Perspektiven für ein zeitgemäßes musikpädagogisches Angebot in Köln zu erarbeiten. Dazu gehört – und nicht an letzter Stelle – eine gewisse finanzielle Förderung. Auch zur Absicherung vergleichbarer und angemessener Honorare aller beteiligten Musikpädagogen und Mitarbeiter.
Rainer Linke (Leiter und Mitbegründer der Offenen Jazz Haus Schule)